Eigentlich wäre die ganze Fläche der Schweiz unterhalb der Baumgrenze bewaldet. Der Mensch hat dafür gesorgt, dass dies nicht so ist. Heute bedeckt der Wald rund einen Drittel des Landes.
Wichtig für die Artenvielfalt ist auch der Totholzanteil, denn viele Insekten, Vögel, Pilze und Flechten sind ganz oder teilweise auf tote Bäume angewiesen.
Da in den letzten Jahren die Nachfrage nach Schweizer Holz zurückging, nimmt der Holzvorrat in Schweizer Wäldern zu. Es hat immer mehr grosse, alte Bäume – mit dem Vorteil, dass darin viel Kohlenstoff gespeichert wird, aber mit dem Nachteil, dass die Wälder immer dunkler werden und lichtliebende Arten leiden. Eine Wiedereinführung der landwirtschaftlichen Waldnutzung wird mancherorts diskutiert.
Würde man der Natur ihren Lauf lassen, wäre fast die ganze Schweiz bewaldet. Nur oberhalb der Baumgrenze (je nach Standort ab 1800 - 2200 m ü. M.) wächst garantiert kein Wald – weil dort die Temperaturen im Sommerhalbjahr zu tief sind. Insgesamt gibt es in der Schweiz 121 verschiedene natürliche Wald-Lebensraumtypen. Sie sind alle auf der Website von Infoflora aufgeführt. Viele Waldtypen sind heute indes selten geworden. Grund dafür ist der Mensch.
Vor etwa 8000 Jahren wurden Menschen im Gebiet der Schweiz sesshaft. Sie betrieben im Wald Landwirtschaft – Viehhaltung in Form der sogenannten „Waldweide“, Sammeln von Laub und Nadeln als Einstreu, Gewinnung von frischem Laub als Viehfutter. Dank der Waldweide entstanden lichte Wälder mit besonders hoher Artenvielfalt. Gleichzeitig rodeten die Menschen Waldflächen, um Felder anzulegen, Lebensraum und Holz zu gewinnen. Erst waren die Rodungen unerheblich, mit Zunahme der Bevölkerung wurden sie aber – wie in ganz Europa – immer grossflächiger. Bis nur noch weniger als ein Drittel der Schweiz bewaldet war.
Die Reduktion der Waldfläche wirkte sich auf die Pflanzen-, Pilz- und Tiervielfalt aus. Bekannt ist etwa, dass der Wisent, der Europäische Bison, in der Schweiz ausgestorben ist, weil er seinen Lebensraum verlor und intensiv bejagt wurde. Aktuell wird eine Wiederansiedlung des Wisents in der Schweiz diskutiert.
Im 19. Jahrhundert zog man die Notbremse und führte die sogenannte «geregelte Forstwirtschaft» ein. Sie sollte verhindern, dass mehr Holz geschlagen wird, als nachwachsen kann. In diesem Kontext entstand der Begriff „Nachhaltigkeit“. Der Übergang zur geregelten Forstwirtschaft gilt heute als Rettung des Waldes in Europa. Das Erscheinungsbild hiesiger Wälder hat sich seither aber stark verändert.
Mit dem Ziel grosse Holzmengen ernten zu können, wurde die landwirtschaftliche Waldnutzung verboten, Monokulturen angepflanzt, Flächen mit standortuntypischen Baumarten aufgeforstet und feuchte Standorte entwässert. Dadurch sind viele artenreiche Waldtypen selten geworden oder verschwunden – so zum Beispiel lichte Wälder, Auenwälder und strukturreiche Waldränder. Die Wälder wurden nach der Einführung der geregelten Forstwirtschaft „gepflegter“ und „aufgeräumter“. Vom Wind geschlagene Bäume wurden rasch abgeführt, kranke Bäume jeweils sofort gefällt und entfernt. Dadurch nahm die Totholzmenge dramatisch ab.
Rund die Hälfte aller hierzulande bekannten Arten sind mindestens in einer Phase ihres Lebens auf den Lebensraum Wald angewiesen. Dies sind über 20’000 Tier-, Pilz- und Pflanzenarten.
Urwälder sind Orte der Wildnis – vom Menschen unberührt. Sie sind natürlich gewachsen, niemand hat sie je gepflegt oder Holz daraus geerntet. In einem Urwald laufen natürliche Prozesse ohne menschliche Einflussnahme ab. Samen keimen, Jungbäume wachsen; einige werden von Tieren gefressen, andere schaffen es bis in die Baumkrone aufzuwachsen, einige werden mehrere hundert Jahre alt. Irgendwann werden sie vom Sturm geschlagen oder sterben an einer Krankheit; sie vermodern dann langsam und schaffen Platz für neue Bäume.
In der Schweiz gibt es noch an zwei abgelegenen Orten Urwälder, aber sie sind schwer zugänglich und sollen auch nicht besucht werden.
Weiterführende Literatur:
HOTSPOT 9/04 – Biodiversität im Wald
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